Am Wochenende vom 29. September zum 2. Oktober 2005 fand in der kleinen fränkischen Ortschaft Pommelsbrunn das 11th International Cave Bear Symposium (11. Internationales Höhlenbären-Symposium) statt. Auf dieser internationalen Tagung versammeln sich einmal im Jahr die Forscher im Bereich Höhlenbär (Ursus spelaeus). Die Teilnehmer kommen vor allem von Forschungs-instituten im Verbreitungsgebiet des Höhlenbären, also von Südengland bis Griechenland und von der Atlantikküste bis an den Ural. Das Gros der Teilnehmer stammte dieses Jahr aus Frankreich, Belgien, Holland, Deutschland und Österreich. Die Organisatoren waren der Förderverein Hunas – Archiv des Eiszeitalters e.V., das Institut für Urgeschichte und das Institut für Paläontologie der Universität Erlangen-Nürnberg, sowie die Abteilung für Karst- und Höhlenkunde der Naturhistorischen Gesellschaft Nürnberg e.V..
Die Teilnehmer aus Griechenland stellten den Veranstaltungsort im nächsten Jahr vor, die Ausgra-bungen im Loutra Arideas Tal (Pella, Makedonien). Jedes Jahr wird das Symposium von anderen Teilnehmern organisiert, so dass im Laufe von elf Jahren viele wichtige Höhlenbären-Fundstätten besucht werden konnten. So wurde es Zeit, dass auch einmal eine Veranstaltung beim Locus typicus des Höhlenbären – der Zoolithenhöhle – stattfand.
In der Zoolithenhöhle wurden im Jahr 1771 erstmals von Johann Friedrich Esper (1732-1781) Knochen entdeckt und gesammelt. Er beschrieb sie 1774 ausführlich in einem Buch, das unter Fachleuten sehr viel Beachtung fand. Johann Christian Rosenmüller (1771-1820) machte 1794 die Unter-suchung eines vollständig erhal-tenen Bärenschädels aus der Zoolithenhöhle zum Gegenstand seiner „dissertatio“. Er erkannte als erster, dass es sich dabei weder um Einhornknochen noch um von der Sintflut zusammengetragene Kno-chen von mystischen „unbekannten Creaturen“ handelt. Es gab viele Ähnlichkeiten mit Bären, aber auch gravierende Unterschiede, so dass er auf eine bislang unbekannte, inzwischen ausgestorbene Art schloss, die er Ursus spelaeus nannte. Gemäß der von Carl von Linné 1758 aufgestellten zoolo-gischen Nomenklatur ist die vollständige Schreibweise also Ursus spelaeus ROSENMÜLLER 1794.
Bereits ab Donnerstagabend war das Tagungsbüro im Gasthof Vogel geöffnet, und viele Teilnehmer nutzen die Möglichkeit für einen gemütlichen Abend und einen ersten ungezwungenen Austausch bei einem Glas Hellem.
Der Freitag war ganztägig der Exkursion zu wichtigen historischen Fundstätten bei Muggendorf gewidmet. Den Anfang machte eine Befahrung der Zoolithenhöhle, bei der die Veranstalter freundlicherweise von Mitgliedern der Forschungsgruppe Höhle und Karst Franken (FHKF) unterstützt wurden. Dieser Verein betreut die Höhle seit Jahrzehnten, schützt sie vor Zerstörungen und ermöglicht wissenschaftliche Arbeit in der Höhle.
Die Eingangshalle ist sehr leicht zu befahren, und war der haupt-sächliche Fundort der Knochen. Bei den Ausgrabungen wurde jedoch ein größerer Teil der Höhle durch Abraum blockiert. Er wurde 1971 von Höhlenforschern nach dem Studium alter Aufzeichnungen und konsequenter Suche wieder-entdeckt. Es wurden auch bislang unbekannte Teile entdeckt, zum Teil mit großen Mengen Höhlenbären-knochen. Darauf folgten wissen-schaftliche Untersuchungen, in deren Rahmen die Höhle auch mit hölzernen Stegen und Eisenleitern versehen wurde. So kann sie heute vergleichsweise einfach befahren werden. Ein besonderes Highlight der Besichtigung war die Löwengrube, in der mehrere versintere Höhlenbärenschädel zu sehen sind. Man nimmt an, dass diese Knochen post mortem hierher verlagert wurden, da kein für Bären ausreichend großer Zugang existiert.

Willy erklärt die Doktorshöhle

Willy erklärt die Doktorshöhle

Nach einem typisch fränkischen Mittagessen im Gasthof Wolf in Burggaillenreuth folgte noch eine Wanderung zu weiteren Höhlen bei Muggendorf. Von Engelhardsberg auf der Hochfläche nördlich von Muggendorf ging es zuerst zu einem Aussichtspunkt, mit schöner Aussicht nach Norden über die Fränkische Alb bis zum Kristallin des Bayrischen Waldes. Nach einigen Minuten bergab erreichte man die Doktorshöhle.

Willy erklärt die Doktorshöhle
Benannt ist sie nach Dr Adolf Schauwienhold, der sie 1905 ent-deckte und daraufhin ausgrub. Sie ging jedoch vor allem dadurch in die Wissenschaftsgeschichte ein, dass Herbert W. Franke erstmals eine Datierung von Höhlensinter nach der C14 Methode mit Proben aus dieser Höhle durchführte.
Weiter bergab folgt ein Komplex von drei Höhlen, die Witzen-, Wunders- und Oswaldhöhle. Die letzte ist eine Durchgangshöhle, die sogar vom Wanderweg durchquert wird.

Büffet in der Oswaldhöhle

Büffet in der Oswaldhöhle

Büffet in der Oswaldhöhle
Eine Überraschung war das hervorragende Büffet im gross-räumigen Portal der Oswaldshöhle.
Nach der Rückkehr nach Pommelsbrunn gab es nur eine kurze Pause, bis um 20 Uhr die Ausstellung Von Bären und Höhlen – Altes und Neues von Bären aus Fränkischen Höhlen im Heimatmuseum eröffnet wurde. Eine Vielzahl von Höhlen-bärenfunden aus fränkischen Höhlen werden vorgestellt, darunter auch ganz aktuelle Forschungs-ergebnisse. Die Ausstellung wird noch bis 31. März 2006 jeden Sonntag von 14 bis 17 Uhr zu bsichtigen sein.

Ausstellung
Am Samstag standen eine Vielzahl von interessanten Vorträgen auf dem Programm. Neben Arbeiten zur Wissenschaftsgeschichte wurden aktuelle Forschungsergebnisse vorgestellt.

Knochenschaukasten

Knochenschaukasten

Eher theoretische Arbeiten zur Klassifizierung von Höhlenbären mit statistischen Verfahren wechselten mit Berichten über pleistozäne Fossilienfunde beim modernen Schleppnetzfischen vor der Küste von Holland und fantasievollen Überlegungen zur Religion der Neandertaler. Zum Abschluss des Tages fand um 20 Uhr in der Sängerhalle Hartmannshof ein Festvortrag statt. Dr. W. Rosendahl sprach Von Höhlen, Löwen und Menschen.
Den Abschluß der Veranstaltung bildete am Sonntag eine weitere Exkursion. Vormittags ging es zur Ausgrabung Hunas, einer Höhlenruine beim Weiler Hunas, die vom Förderverein Hunas – Archiv des Eiszeitalters e.V. und der NHG durchgeführt wird. Nachmittags konnte entweder die Petershöhle bei Velden, oder das Windloch bei Sackdilling besucht werden. In der Petershöhle wurden mittelpaläolithische Artefakte, oberpleistozäne Faunen sowie Hinweise auf einen Bärenkult gefunden. Das Windloch ist jüngst durch die Entdeckung des Ursus sackdillingensis bekannt geworden.

Text: Jochen Duckeck
Bilder: Jochen Duckeck

20. Oktober 2005 | Tags: | Kategorie Allgemein


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