Wenn man im Bekanntenkreis so oft von Höhlenbefahrungen und der damit verbundenen Begeisterung hört, so wird man doch neugierig. Wie ist es dort unten, in dieser fremden dunklen Welt? Welche Geheimnisse verbergen sich dort? Und traue ich mich überhaupt da hinunter? Eines ist klar: Wie herausfinden, wenn nicht ausprobieren? Vielleicht ist das Ergebnis ja einfach, dass sie doch spinnen, diese Höhlenforscher!
So fand sich am Morgen des 22. Juli 2012 eine Gruppe von 12 Leuten am Alfelder Windloch in der Hersbrucker Schweiz ein. Die Hälfte davon Mutige, die es wissen wollten – die andere Hälfte Höhlenforscher der FHKF, die es zeigen wollten. Zunächst folgte die Gruppe einem kleinen Wanderpfad durch den Wald, gekennzeichnet durch eine weiße Drei auf rotem Grund und gelangte alsbald zum Eingang. Hier gab es vom Tourleiter Stefan Sörgel die ersten Informationen zur Höhle, Geschichten von einer Höhlenrettung im Windloch, die Spannung stieg. Der kühle Wind, der nach außen strömte, war bereits spürbar. Noch ein kurzes Foto am Tageslicht, und schon ging es hinein ins Dunkel. Wer den Eingang noch nie erblickt hat, dem stockt zunächst der Atem. Denn nicht etwa ein großes Loch erwartet ihn, sondern ein winziger Durchschlupf. Auf dem Rücken liegend, mit den Beinen schiebend – und schwupps – war man auch schon durch. Schnell merkt man…das war ja gar nicht so schlimm! Aber noch viel schneller ist die Skepsis von eben vergessen, wenn einem plötzlich gewahr wird, welch fremde, jedoch herrliche Welt sich vor einem auftut.
Eine große Halle mit gleichem Namen erstreckt sich im ca. 30° Winkel schräg nach unten abfallend bis zum Altar. Der Boden ist sandig, teilweise überzogen mit Geröll, teilweise Dolomitplatten, in Serpentinen bewegen sich alle immer weiter hinab. Der Weg führt mit Hilfe eines 16m Seils den Eulengang hinunter bis zur kleinen Sandhalle, in den hinteren Bereich der großen Halle und zur Entdeckerhalle, auf allen Vieren durch das Bachbett, zur Elefantenfußhalle bis hinter zur Seifenblase. Alle Fortbewegungsarten sind gefordert – laufen, kriechen, klettern, schlufen, manchmal haben die Großen Vorteile, manchmal die Kleinen.
Bei Pausen gibt Stefan spannende Informationen zur Entstehungsgeschichte der Höhle, Stalagmiten, Stalaktiten, Säulen, Exzentriker, woher die Farben kommen, wieso sich in einer Halle Elefantenfüße von der Decke strecken und welche Tiere oft erst auf den zweiten Blick zu entdecken sind. So finden wir winzig kleine, schneeweiße Springschwänze in kleinen Sinterbecken in der Seifenblase. Unglaublich, wie die ihren Weg hierher gefunden haben.
Aber das Highlight wartet noch – der Briefkasten! Eine Felskante ragt bis fast zur Decke, dahinter fällt der Boden in einer Schräge nach unten. Nach Einhängen des Seils geht’s los – ein Bein über die Kante, dann das zweite und ab die Post! Das Adrenalin schießt durch den Körper, die Begeisterung steht jedem ins Gesicht geschrieben. Unten angekommen, wird die Freude etwas getrübt – Stonehenge ist zerstört. Dennoch nimmt spätestens hier jeder ein herrliches Foto mit nach Hause, denn in diesem Teil des Alfelder Windlochs sind die Tropfsteinformationen überwältigend, nicht umsonst spricht man hier von der Kaiserin.
Wir nehmen den gleichen Weg zurück – Briefkasten, Seifenblase, Elefantenfußhalle, Bachbett und erreichen schließlich den Kamin. Zum ersten Mal ist richtiges Klettern angesagt – ca. 8m geht es nahezu senkrecht nach oben, doch jeder schafft es dank großartiger Unterstützung von Stefan. Die Mühe wird belohnt, wir erreichen die große Sandhalle. Sie macht ihrem Namen alle Ehre, denn nichts gibt es hier mehr als Sand. So liegt es nahe, dass auch Erwachsene plötzlich zu Kindern werden, Burgen bauen, sich mit Sandbällen bewerfen – und spätestens jetzt wusste wirklich jeder kritische Neuling, was diese Höhlenwelt so großartig macht: Man vergisst den Alltag! Kein Handy, keine Termine, nur diese andere Welt.
Die Zeit vergeht wie im Fluge und wir schlagen den Rückweg ein, über den Einstieg zum Labyrinth zurück zur Entdeckerhalle bis hin zur großen Halle und hinauf zum Eingang. Der enge Durchschlupf vom Anfang zeigt sich nun als harmloses Hindernis. Draußen werden wir von der Nachmittagssonne begrüßt, inzwischen sind fünf Stunden vergangen. Alle 12 Teilnehmer treten mit einem breiten Grinsen im Gesicht ans Tageslicht. Insbesondere die sechs Neugierigen wissen nun, dass sie wohl eines Tages wiederkommen würden.
Nun, nachdem alle Engstellen überwunden waren und man keine Angst mehr haben brauchte, steckenzubleiben, war es Zeit für das Schäuferle im Bauch. Der Berghof in Alfeld bot ein ausgezeichnetes Abendessen und bei Radler, gemütlichem Gespräch und goldgelbem Sonnenschein ging ein herrlicher Tag zu Ende.
A.-K. Maier